Es war wie so oft, eine zufällige Begegnung!
Ein Klick, Neugierde! Wir befinden uns auf einer Datingplattform.
Ich schreibe eine Nachricht als Reaktion auf ein Profil, daß mich anspricht, daß mich reizt. Ich möchte mehr erfahren. Das passiert nicht selten. Selten passiert aber das was folgt.
Erstaunlich rasch bekomme ich eine Antwort. Etwas schüchtern, verspielt. Dann Komplimente, die mir schmeicheln. Sie hat gelesen, viel gelesen. Sie verwendet Worte wie "verschlungen", "geile Texte", "unglaublich".
Es erregt Sie meine Texte zu lesen. Erlebnisse, die ich mit anderen Frauen erlebt habe. Sie versteht sich selbst nicht mehr.
Ich bedeute Ihr, Sie könne das ebenfalls erleben, anders, nicht kopiert. Eine ganz andere Geschichte, eine Geschichte, die wir zusammen erleben, an der wir gemeinsam schreiben werden. Unsere Geschichte.
Es folgt ein Feuerwerk an wechselseitigen Nachrichten. Wünsche, Vorstellungen, Phantasien. Unser beider Neugierde aufeinander steigt. Zweifel! Geht das zu schnell, was machen wir da?
Meine Einladung auf ein erstes Date läßt nicht lange auf sich warten. Zuerst große Begeisterung bei Ihr. Sie möchte, sie will, sie ist erregt, berauscht vom Moment, von meinen Texten, von der Art wie ich Ihr schreibe. Beeindruckt, betrunken von meiner Klarheit.
Dann wieder Zweifel, die berühmte Angst vor der eigenen Courage.
Ich gebe Ihr Raum. Raum für Ihre Bedenken. Sie soll sich selbst nicht überfordern.
Sie sagt zu. Sie möchte mich treffen. Das Spiel beginnt, nein es hat längst begonnen, nur es wird nun konkret, aus einer Schwärmerei soll, wird Realität werden.
Es ist spät geworden. Wir haben die Zeit vergessen, haben geschrieben wie im Rausch, Mitternacht ist längst verstrichen. Wir verabschieden uns in die Nacht. Als GuteNachtGruß weise ich Sie an, Sie möge sich nun bis zu unserem Kennenlernen nicht mehr berühren, nicht mehr selbst befriedigen. Sie ist überrascht. Damit hat sie nicht gerechnet. Sie nörgelt, sie will das nicht akzeptieren.
Scheinbar hat sie sich während unseres Nachrichtengewitters darauf sehr gefreut, jetzt diese Anweisung. - 'Verdammt! Dieses Schwein! Soll ich nun unbefriedigt einschlafen?' -
Sie bittet mich, daß ich Ihr diese zarte Erlösung gewähre.
"Du Schöne! Du wirst Dir am meisten dienen, wenn Du Dich diese Nacht nicht befriedigst!"
Damit verabschiede ich mich in die Nacht.
Der SPIEGEL über „Eine Neutrale Tüte bitte“
vor 5 Jahren